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Grenzüberschreitungen – Der Belarus-Deal von Peter Hereld

Tom ist ein ziemliches Arschloch, er klaut, betrügt, ist überheblich, behandelt Frauen unangemessen und ist auch sonst ein eher unangenehmer Zeitgenosse. Mit seinen 22 Jahren glaubt er, die Welt sei zu seinem Vergnügen da. Derzeit arbeitet er in einem Fitness-Center, doch eigentlich sieht er sich als Journalist – investigativer Journalist, gefeierter investigativer Journalist. Aus diesem Grund stimmt er einem Treffen mit dem ehemaligen Schulkameraden Reuter zu.

Dieser versorgt ihn mit ausreichend Informationen übers Darknet und eine dubiose Organspendefirma, sodass Tom, ohne groß darüber nachzudenken, einen folgenschweren Entschluss trifft: Er bewirbt sich um ein Organ und wird prompt nach Minsk eingeladen. Mit leichtem Unwohlsein tritt er die Reise an.

Das ist der Anfang einer rasanten Achterbahnfahrt oder eher einer Schussfahrt, deren Ende wegen Nebels nicht zu erkennen ist. Man könnte auch auf einen Steilhang zurasen.

Tom bekommt keinen Moment mehr zum Durchatmen. Er weiß auch bald nicht mehr, wem er vertrauen kann, wie weit die Netze der Organspendefirma reichen und wer warum in diese Angelegenheit verwickelt.

Dabei entwickelt Tom sich langsam, vom Anti-Helden zu einem Helden wider Willen, der immerhin anfängt, über sich, sein Leben und seine Verantwortung gegenüber seinen Mitmenschen nachzudenken.

Es gelingt dem Autor, seine Leserinnen und Leser mitzureißen, sowohl seine Sprache als auch die Entwicklung des Plots, mit überraschenden Wendungen und Bruce-Willis-artigen Stunts, sorgen dafür, dass die Spannung stetig steigt. Atemlos verfolgt man die Flucht Toms, bis zum bitteren Ende.

Es wird deutlich, dass sich der Autor tief in die Materie eingearbeitet hat, die dem Thriller zugrunde liegt. Die dafür notwendigen Informationen verpackt er in spannende Dialoge, die die Handlung vorantreiben.

Besonders der Prolog baut eine Spannung auf, die bequem über die Einführung des Helden und seinen Auftrag hinweg trägt, und sobald er den Ruf zum Abenteuer gehört und die erste Schwelle überschritten hat, mag man das Buch kaum noch weglegen.

Fazit: Ein spannender, schnell geschnittener Thriller zu einem brisanten Thema mit einem überzeugenden Helden, mit dem man trotz aller, oder gerade wegen ?, seiner Schwächen mitfiebert.