Archiv für den Monat: Oktober 2020

Warmherzig durch den Sturm

Eigentlich diente die Reise der Versöhnung. Der Künstler Henrik und seine Frau Swea befinden sich auf Island, gesponsert vom Vater der Frau, der großen Wert darauf legt, dass die beiden zusammen bleiben, da er nicht unerhebliche Summen in den Erfolg des Schwiegersohns als Künstler investiert hat.

Doch die Reise hat noch gar nicht richtig angefangen, die beiden sind gerade dabei die ersten Sehenswürdigkeiten Islands anzuschauen, als Swea bemerkt, dass auf dem Handy ihres Mannes der Anruf einer anderen Frau eingeht und in Verbindung mit dem Foto, dass die Anruferin sendet, versteht sie sofort, dass ihr Mann sie erneut betrügt.

Sie schmeißt ihn aus den Wagen und fährt davon.

Gleichzeitig erleben die Leser mit, wie ein alter Isländer, Einar, ein verletztes Pferd kauft und mühsam zu seinem Haus zurückbringt. Es gerade aus Deutschland zurückgekehrt, verbirgt irgend ein schmerzhaftes Geheimnis und sieht sein Haus seit vielen Jahren zum ersten Mal wieder. In der Garage lebt ein Untermieter, Jón, der durch die Finanzkrise Islands alles verloren hat.

Swea muss dem verletzten Pferd ausweichen, das dem alten Mann entlaufen ist, und landet mit ihrem Auto im Graben.

Sie bleibt. Sie will herausfinden, was sie eigentlich selbst wirklich will und wer sie ist. Auf diesem Weg begegnen ihr viele isländische (und auch ausländische) Personen, an denen sie ihr eigenes Bild vom Leben prüfen kann.

Sie lernt, dass nicht der erste Eindruck immer der richtige ist und dass man gelegentlich durchaus einmal ein paar Fehler machen kann, ohne selbst als Person völlig unmöglich zu werden.

Die Geschichte wird immer spannender, je länger sie andauert – und das sind immerhin fast 600 Seiten. Die Leserin erfährt viel über das Leben auf Island und erkennt Gebäude, Cafés, Museen und andere Sehenswürdigkeiten, die im Roman eine Rolle spielen, problemlos wieder.

Auch wenn man den Ausgang des Buches durch den Klappentext eigentlich bereits kennt, ist es überraschend, spannend und an einigen Stellen auch unerwartet, wie die Handlung sich entwickelt. Immer wieder tun sich mehrere Möglichkeiten auf, wie es mit Swea weitergehen könnte, aber auch die Lebensgeheimnisse von Einar und Jón werden nur langsam offenbart. Am Ende des Romans bleibt ein Gefühl zurück, Freunde getroffen zu haben

Fazit: Ein romantischer Liebesroman, nicht nur über Menschen, sondern auch über Island, der mit Klischees spielt und eine ganz eigene Melodie entwickelt.

Begegnungen

Anthologie mit Kurzgeschichten von Sabine Hartmann

Titelbild zur Anthologie „Begegnungen“

Natürlich ist jeder von uns auch ganz gern mal für sich – aber eigentlich machen die Begegnungen mit anderen unser Leben aus. Durch Begegnungen lernen wir Neues kennen, entwickeln uns weiter, werden beglückt, in Staunen versetzt oder auch enttäuscht.

Genau das ist der Vorteil literarischer Begegnungen. Als Leser sind wir hautnah dabei, können bei den Erlebnissen anderer mitfiebern und sogar Menschen begegnen, die vor langer Zeit gelebt haben.

Wir leben, lieben, leiden mit den Figuren und nehmen Anteil an ihren Schicksalen.

Freuen Sie sich auf Begegnungen mit Pu, dem Bären, Schutzengeln bei der Arbeit, einer überforderten Babysitterin und …

Hardcover, ISBN 978-3-96783-002-6, 18 €, 188 Seiten

Spannendes erzählendes Sachbuch

Flora & Leo. Spaziergang zu den Sternen
von Emanuela Busà

Leos Lehrerin möchte die Kinder für die Astronomie begeistern, deshalb sollen alle über die Ferien zu einem Lieblingsthema Informationen sammeln. Leo berichtet seiner Mutter davon und ist nicht wirklich begeistert. Doch seine Mutter fährt mit ihm und Flora ins Planetarium und zeigt ihnen, wie spannend die Astronomie sein kann.

Zahlreiche Abbildungen und auch die Texte transportieren (für ein derart kleines Buch) unglaublich viele Informationen, obwohl ja nebenbei auch noch die Geschichte erzählt wird, die Flora & Leo erleben.

Die Illustrationen sind sowohl im erzählenden Teil als auch im Sachteil sehr detailliert, bunt und informativ und prägen sich so hervorragend ein.

Im Anhang gibt es noch ein paar Seiten, auf denen die Kinder prüfen können, ob und was sie durch das Buch gelernt haben.

Planeten, Geschichte der Astronomie, der Tag, Mythen und Weltraumforschung sind die Themen dieses Buches.

Als Zielgruppe sind die 6 – 8-Jährigen angepeilt, und das Buch dürfte deren Interesse und Aufmerksamkeitsspanne sehr gut treffen.

Magisch und spannend

Lilous Wundergarten – Feigenmut und Lavendelduft
von Sarah Nisse

Lilou stellt voller Entsetzen fest, dass der grummelige Blutweiderich offenbar über Nacht entführt wurde. Wie das farbenfrohe Titelbild bereits verrät, liegt die Lösung im Land des Lavendels, in Frankreich. Dorthin reist Lilou mit ihrem Freund Enzo auf einem neu entdeckten magischen Weg. Allerdings lässt sich die Aufgabe nicht so leicht lösen wie gedacht, denn auch im südfranzösischen Wundergarten halten die Pflanzen zu ihrer Wundergärtnerin.

Auch dieser 2. Band der Reihe um Lilous Wundergarten besticht durch eine leicht zu lesende Geschichte um zwei warmherzige Kinder, die sich unversehens in einem fantastischen Abenteuer wiederfinden. Die kurzen Kapitel und die zahlreichen farbenfroher Illustrationen unterstützen auch Leseanfänger und/oder Leseungeübte, den beiden Wundergärtnern durch ihr Abenteuer zu folgen.

Spannender Auftakt

Flora & Leo, Die Geheimnisse des Waldes
von Emanuela Busà

In diesem ersten Band einer neuen Reihe erzählender Sachbücher für Kinder ab 6 Jahren ist der Band „Die Geheimnisse des Waldes“ erschienen. Die Leserinnen und Leser lernen die beiden Geschwister Flora & Leo kennen, die ein wenig unterschiedlich sind, Leo ist eher schüchtern und Flora eher abenteuerlustig. Doch beide lieben die Natur und wollen deren Geheimnisse ergründen.

Deshalb herrscht große Aufregung, weil beide gemeinsam mit einer Jugendgruppe einen Camping-Ausflug in den Wald machen. Nicht nur müssen sie jede Menge Dinge berücksichtigen, sie müssen auch Wichtiges einpacken.

Als sie dann endlich da sind, müssen die Zelte aufgebaut und das Lager eingerichtet werden. Doch es bleibt auch Zeit, sich mit dem Wald und seinen Bewohnern auseinander zu setzen. Dabei geht es um die Themen: Bäume bestimmen, Tierstimmen erkennen, Sterne beobachten, Spuren deuten und den Schutz der Umwelt.

Am Ende gibt es ein paar Seiten, auf denen die Kinder prüfen könne, ob und was sie gelernt haben.

Zahlreiche Abbildungen und auch die Texte transportieren (für ein derart kleines Buch) unglaublich viele Informationen, obwohl ja nebenbei auch noch die Geschichte erzählt wird, die Flora & Leo erleben.

Die Illustrationen sind sowohl im erzählenden Teil als auch im Sachteil sehr detailliert, bunt und informativ und prägen sich so hervorragend ein.

Fazit: Eine sehr ansprechende neue Sachbuchreihe für die Leseanfänger.

Band 2 ist bereits erschienen: Flora & Leo: Spaziergang zu den Sternen.

Überraschend vielfältig

Kürbis – Harte Schale, gesunder Kern
von Soren Staun Petersen

Wer kennt ihn nicht? Den süßsauer eingelegten Kürbis früherer Zeiten? An ihm scheiden sich die Geister, einige lieben ihn, anderen schmeckt er überhaupt nicht. Seit einigen Jahren ist nun auch die Kürbiscremesuppe quasi in aller Munde – doch Sören Staun Petersen beweist mit seinem Kochbuch, dass Kürbis noch viel mehr kann und geschmacklich deutlich vielfältiger ist als gemeinhin angenommen.

Er startet mit einer Beschreibung der verschiedenen Kürbissorten und ihren möglichen Einsatzbereichen. Danach folgen die Abteilungen „Herzhaftes“, „Suppen und Brot“, „Süßes“ und „Getränke“, jeweils ergänzt durch Fachinformationen in Zwischenkapiteln.

Ich habe aus jeder Kategorie drei Gerichte ausprobiert. Alle haben gut geschmeckt und ließen sich nach den Anweisungen problemlos nachkochen. Jedes Rezept zeigt das Ergebnis als Farbfoto. Es beginnt mit der Auflistung der notwendigen Zutaten und beschreibt dann die einzelnen Arbeitsschritte deutlich und gut nachvollziehbar.

Alle Zutaten sind problemlos in Supermärkten bzw. auf Wochenmärkten erhältlich.

Im Anhang gibt es ein Rezeptregister, das es sowohl ermöglicht alphabetisch zu suchen als auch nach Kategorien.

Wirklich überrascht haben mich die süßen Rezepte, die mit der Zutat Kürbis besonders zart werden. Meine Lieblinge? Suppenbrötchen, Kürbiscrumble, Kürbisfladenbrot, Kürbissuppe mit Grünkohlchips und Hasselback Butternut sowie die gefüllten Babykürbisse.

Schon diese Liste zeigt, wie vielfältig Kürbis hier eingesetzt werden und inzwischen sind – zumindest in Niedersachsen – problemlos auch ausgefallenere Kürbissorten wie der Spagettikürbis erhältlich.

Fazit: Eine Empfehlung für alle Kürbisfreunde und alle Menschen, die es werden wollen.

Sam Wu hat KEINE Angst

Sam Wu – Hat KEINE Angst vor Gespenstern
von Kevin Tsang

Bei einem Klassenausflug ist Sam etwas passiert, worüber er lieber schweigt – er hat sich vor Schreck in die Hose gemacht – obwohl er eigentlich nur zeigen wollte, wie besonders mutig er ist. Das ist gründlich schief gegangen.

Sam hat ziemlich viel Angst, eifert aber seinen großen Bildschirmhelden nach – den Space Blasters. Die sind nicht nur mutig, sondern finden auch immer eine Lösung für alle Probleme.

Sam kommt auf die Idee, dass er seinen Mut beweisen könnte, wenn er ein gefährliches Haustier besitzt. Auf abenteuerlichen Wegen kommt er zu einer Schlange – und das Unheil beginnt.

Doch Sam wäre nicht Sam, wenn er sich nicht durchbeißen würde. Hierbei wird er von seinen besten Freunden, Zoe und Anton, aber auch von seiner jüngeren Schwester Lilli unterstützt. Sie stehen zu ihm, unterstützen ihn, lassen sich auf seine Ideen ein und probieren aus, was er sich vorstellt.

Gleichzeitig helfen sie ihm gegen seinen größten Widersacher, Ralf-Philip, der Sam als Opfer auserkoren hat und sich immer über ihn lustig macht.

Neben der wirklich überraschenden Geschichte ist besonders das Layout des Buches ein Highlight. Mit zahlreichen Illustrationen, Betonungen im Text, Denkblasen etc. wirkt es comicartig, oder eben wie Sams Tagebuch, in das er nicht nur geschrieben hat.

Viel Spaß bereitet auch die erfundene Fernsehserie „Space Blasters“, deren Fan Sam ist. Obwohl nur wenig davon erzählt wird, kann man sie sich gut vorstellen und weiß, was Sam fasziniert.

Die 18 Kapitel sind – auch durch die zahlreichen Illustrationen – recht kurz, so dass auch Leseungeübte gut vorankommen und sich amüsieren können.

Fazit: Ein Buch über Angst und Freundschaft und den Weg zu sich selbst ohne pädagogischen Zeigefinger – eher für Jungs.

Nina traut sich was

Der kleine Gruselshop – Geister, Spinnen, freche Kraken
von Magdalena Hai

Nina ist neun Jahre alt und wünscht sich ein Fahrrad. Das ist nicht gerade billig. Also möchte sie ein wenig Geld verdienen und betritt den Gruselshop von Herrn Schrull. Der sucht nämlich dringend eine Aushilfe. Doch gerade ist er völlig außer Gefecht gesetzt, denn er wurde mit Juckpulver bestreut. Er lacht und windet sich auf dem Boden. Zwar ist Nina überaus erstaunt über all die Dinge, die sie in dem Laden entdeckt, doch sie hat vom Geisterjungen Eddi erfahren, dass es ganz hinten im Laden irgendwo ein Gegenmittel gibt. Gemeinsam dringen sie bis dorthin vor …

Das Buch ist gleichzeitig ein wenig gruselig und äußerst witzig. Es macht große Freude, gemeinsam mit Nina die außergewöhnlichen Angebote des Gruselshops zu entdecken. Natürlich verstecken sich dort auch ein paar Gegenspieler, Spinnen zum Beispiel oder die Krake Gisbert.

Der Text an sich ist recht kurz. Atmosphäre schaffen die gruselig-humorvollen Illustrationen von Teemu Juhani.

Schön sind auch die Wortschöpfungen für die Angebote im Laden: Feenköttel, Dunkelheit, praktisch abgepackt, Hexenschmerle usw., weil man unwillkürlich darüber nachdenkt, wer diese Dinge wohl wofür brauchen könnte. Oder was man selbst damit anstellen würde?

Fazit: Eine humorvolle Geschichte für Erstleser, die nicht nur den Text für sich entdecken wollen, sondern auch

Liebenswert und überraschend

Weihnachten mit Opa
von Sarah Welk

Jonas und seine Schwester Marie freuen sich auf Weihnachten, wie jedes Jahr und wie alle Kinder. Doch diesmal ist alles ein wenig anders, denn die Eltern der beiden sitzen auf Mallorca fest und werden frühestens Heiligabend in Deutschland ankommen. Das bedeutet, dass Marie und Jonas gemeinsam mit ihrem Opa alles vorbereiten müssen. Opa ist allerdings ein wenig anders drauf als die Eltern der Kinder, er ist lieber spontan und braucht viel Ruhe und seine Vorstellung von einem gemütlichen Weihnachtsfest deckt sich nicht mit der seines Sohnes und seiner Schwiegertochter …

Alles beginnt mit der Ankunft einer Freundin der Kinder auf dem Bahnhof. Lucky hat so viele Geschwister, dass ihre Mutter und sie froh sind, dass Lucky Weihnachten bei Marie und Jonas verbringen kann. Als sie Lucky vom Bahnhof abholen, begegnen sie seltsamen Security-Menschen, als sie den Weihnachtsbaum aus dem Wald holen wollen, begegnen sie zwei Obdachlosen, als sie die Weihnachtsgans abholen wollen, bekommen sie ein neues Haustier und keinen Braten …

Wie doch noch alles auf eine fröhliche und besondere Weihnachtsfeier hinausläuft, entwickelt sich auf 136 Seiten gemächlich und mit viel Sprachwitz und Humor.

Die Schwarz-Weiß-Illustrationen von Alexander von Knorre passen kongenial zum Text von Sarah Welk und unterstützen das Lesevergnügen.

Die Geschichte nimmt sich Zeit für ihre Entwicklung und die Sprache ist für die Zielgruppe angemessen. Die Kinder sind eigenständige Charaktere und auch die Erwachsenen sind nicht bloße Abziehbilder, sondern bekommen ihre Eigenheiten.

Natürlich funktioniert Humor nicht ohne Übertreibung und Zuspitzung, doch das gelingt der Autorin, ohne jemanden in die Pfanne zu hauen oder vorzuführen.

Ein großes Lesevergnügen, das sich sicher auch hervorragend zum Vorlesen eignet.